post by Matthias Rädle
Entsprechend der Bedeutung des Themas Prozessanalytik ist der Arbeitskreis innerhalb der GDCh AK PAT einer der größten Arbeitskreise. Die Prozessanalytik selbst beschäftigt sich damit, chemische und verfahrenstechnische Prozesse qualitätsgesteuert stärker automatisieren zu können als dies bisher der Fall ist. Die chemische, pharmazeutische, petrochemische und verfahrenstechnische Industrie innerhalb Deutschlands ist einer der großen Arbeitsgeber, aber auch einer der großen Energieverbraucher und CO2-Erzeuger. Daher ist dieser Industriesektor durch die Energiepreiserhöhungen im letzten Jahr massiv gebeutelt. Viele negative Nachrichten durchziehen die Presse, man spricht dort von möglicher Abwanderung aufgrund der angespannten Energiepreissituation. Längerfristig gedacht kommen aber auch Argumente zum Vorschein, wie z. B. Verknappung der Medikamentensituation durch ausgewanderte Produzenten der pharmazeutischen und chemischen Grundchemikalien. Dieses Spannungsfeld bildet der Arbeitskreis Prozessanalytik in seinen Diskussionen und Beiträgen ab. Die anstehende Großveranstaltung des sog. Herbstkolloquiums gibt allen Aspekten, die mit dem Gesamtkomplex zusammenhängen, breiten Raum zur Diskussion.
Vier Themenschwerpunkte, die ich nachfolgend erläutern werde, sollen jedoch nicht limitierend für die Beiträge für das Herbstkolloquium sein. Die vier Schwerpunkte heißen:
- Best Practice Success Stories
- Probenahmen, Probenaufbereitung
- PAT und ihre Kommunikation
- PAT-Innovation
Nicht ohne Grund ist das Thema „Best Practice Success Stories“ als erstes genannt. Nach vielen Jahren instrumenteller Entwicklungen gibt es eine schier unüberschaubare Anzahl von positiven Einsatzbeispielen. Newcomer in der Szene oder auch um die Qualität ihrer Produkte bemühte Ingenieure und Ingenieurinnen in Kleinunternehmen, Mittelstand oder in der Großindustrie können die Fülle der Anwendungsbeispiele nicht überschauen, schon deshalb nicht, weil zusammenfassende Darstellungen nicht häufig in den Publikationslisten zu finden sind.
Genauso wichtig wie neue Messtechniken, die in Universitäten und Hochschulen entwickelt werden, sind aus heutiger Sicht Erfahrungsberichte, Hinweise, Ideen und Tipps, wie man bestimmte Prozess-Situationen überwachungstechnisch angeht.
Im zweiten Schwerpunkt „Probenahmen, Probenaufbereitung“ wird eine seit Jahren als Randerscheinung auftretende Problematik stärker in den Mittelpunkt gerückt. Dies deckt sich mit den Erfahrungen der letzten Diskussionen, wo klar wird, dass das Messen alleine nicht die gesamte Wahrheit darstellt. Die gesamte Messkette muss betrachtet werden. Die Messkette beginnt nicht mit dem Sensor, sondern mit dem, was davor ist. Im Labor ist der Begriff Probe durchaus üblich. In der In- und Online-Messtechnik ist der Begriff der Probe häufig erklärungsbedürftig. Messen Sie z. B. innerhalb eines Kristallers die Kristallkonzentration oder die disperse Oberfläche, dann müssen Sie definieren, an welcher Stelle gemessen wird, weil genau diese Qualitätsgröße inhomogen verteilt ist. Die Strömungen in Maschinen und Apparaten führen zu klassierenden Effekten. Die Chemie führt z. B. zur Agglomeration, Desagglomeration, Feinkornbildung u. v. m. Der Begriff der Probe ist also auch auf den On- und Inlinebereich übertragbar. Genau solche Aspekte werden wir in weiten Diskussionskreisen in Krefeld erörtern, hoffentlich flankiert durch interessante Beiträge in Form von Vorträgen und Postern.
Der dritte Schwerpunkt „PAT und ihre Kommunikation“ zielt auch auf den Bereich der Knowhow-Weitergabe. Mit Bezug auf die schier unermessliche Datenfülle, die zur Verfügung steht, muss erkannt werden, dass der Zugang zu Informationen und deren leichte Erreichbarkeit heute ein großes und immer wichtiger werdendes Feld darstellt. Diesem Punkt wollen wir uns auf dem Herbstkolloquium ebenfalls widmen.
Im letzten Schwerpunktthema geht es um „PAT-Innovationen“. Dieses Thema wurde absichtlich ans Ende gestellt, nicht, weil es das unwichtigste ist, sondern, weil es in den vergangenen Jahren als einzig selig machendes Thema beschrieben wurde.
Insgesamt ist also zu beobachten, dass das Themenfeld des Arbeitskreises Prozessanalytik sich erweitert und auch stärker Randgebiete mit einbezieht. Um diesen neuen Herausforderungen gewachsen zu sein, bedarf es intensiver Diskussionen zwischen allen beteiligten Gruppen, weshalb auf dem Herbstkolloquium genau diesem Trialog zwischen Anwendern, Herstellern und Akademia besondere Beachtung eingeräumt wird.
Ich hoffe, man sieht sich Ende November in Krefeld zu fruchtbaren Diskussionen.