Der Prozessanalytik-Preis 2015 des AK Prozessanalytik konnte im Rahmen des GDCh-Wissenschaftsforums 30.08.-02.09.2015 in Dresden dieses Jahr an zwei Preisträgerinnen verliehen werden. Die Preisverleihung fand bereits zum siebten Mal statt. Der Preis wird für die besten Qualifizierungsarbeiten auf dem Gebiet der Prozessanalytik im zurückliegenden Jahr vergeben. Aus den Bewerbungen hat ein Preis-Komitee des Vorstands des Arbeitskreises die Preisträgerinnen ausgewählt. Der Preis besteht jeweils aus einer Urkunde, einem Preisgeld in Höhe von € 1.000 und einer zweijährigen kostenfreien Mitgliedschaft in der DECHEMA.
Ein Preis wurde verliehen an Frau MSc. Betina Kessler, TU München für ihre Masterarbeit: ,,Multikomponentenanalyse von Energy Drinks mit Hilfe multimodaler optischer Spektroskopie und chemometrischer Verfahren“. Ihre Masterarbeit fertigte Frau Kessler an der Technischen Universität München, Forschungszentrum Weihenstephan f. Brau- und Lebensmittelqualität bei Prof. Dr.-Ing. F. Jacob an.
Um bei dem heute herrschenden Kostendruck in der Getränkeindustrie noch profitabel produzieren zu konnen, sind moderne Hochleistungs-Abfüllanlagen notwendig, die schnell, flexibel, mit wenig Personal und trotzdem ständig kontrolliert abfüllen. Um diese Hochleistungsprozesse zu beherrschen und außerdem der Produkthaftungsproblematik entgegenzuwirken, ist der Abfüller gezwungen, die Qualität seiner Produkte kontinuierlich und rückverfolgbar zu überwachen und zu dokumentieren. Wird die Prozessanalytik mit komplexer Datenanalyse gekoppelt, ermöglicht dies eine kontinuierliche Qualitätskontrolle in Kombination mit einer darauf aufbauenden effizienten Prozessführung.
Frau Kessler hat in Ihrer Masterarbeit zusammen mit Dausch Technologies GmbH ein Konzept für eine mögliche kontinuierliche Inline-Methode für die Untersuchung unterschiedlicher Inhaltsstoffe in Getränken auf Basis der multimodalen optischen Spektroskopie entwickelt. Am Beispiel von Energy Drinks sollten Einzelkomponenten wie z. B. Vitamine, Taurin, Koffein etc. in Vielstoffgemischen bestimmt werden, auch wenn die natürlichen Grundstoffkomponenten eine hohe Variabilität zeigen. Schwerpunkt der Arbeiten war neben der Entwicklung der optischen Spektroskopie (UV-Vis, Raman, IR, Fluoreszenz) insbesondere die Entwicklung und Validierung einer einfachen Kalibrationsmethode zur quantitativen Bestimmung der Einzelkomponenten.
In dieser Arbeit ist es erstmals gelungen, für Mehrkomponentensysteme zu zeigen, dass eine Standardaddition zu einer bestehenden unbekannten Matrix in Verbindung mit Spektroskopie und multivariater Datenanalyse als Kalibrationsmethode für die Online-Prozesskontrolle eingesetzt werden kann. Dies war ein sehr anspruchsvolles Thema, sowohl von Seiten der Präparationstechnik (Stichwort: repräsentative Probe) als auch von Seiten der spektroskopischen Analyse (Stichwort: Selektivität und Sensitivität). Im ersten Schritt wurden unter Berücksichtigung der molekularen Struktur der Komponenten und den notwendigen Bestimmungsgrenzen versucht, mit theoretischen Überlegungen die Wellenlängenbereiche für die spektrale Untersuchung einzugrenzen. Dies ist eines der wenigen gelungenen Beispiele, wo die multivariate Datenanalyse nicht nur eine rein korrelative Beziehung zwischen spektraler Signatur und Eigenschaft herstellt, sondern die Klassifizierung auf Basis von wissenschaftlichen Grundlagen (,,first principles“) erfolgt.
Nachdem durch eine Vielzahl von unterschiedlichen optischen Aufbauten und Einstellungen die optimale Messtechnik (Signal zu Rauschverhältnis) entwickelt wurde, konnte die Basis für eine verlässliche und kausale Bestimmung von bis zu zehn unterschiedlichen Einzelkomponenten in einem Stoffmengengemisch entwickelt werden. Besonders hervorzuheben ist die kritische Auseinandersetzung bei der Bewertung der Güte der Modelle, die Frau Kessler mit Hilfe von DoE und einem unabhängigen Probenset validieren konnte.
Ein weiterer Preis wurde verliehen an Frau DI Karin Wieland für ihre Diplomarbeit ,,Hyperspectral Imaging of Hyphae and Spores of Penicillium Chrysogenum using Confocal Raman (Micro-)spectroscopy”, die an der Technischen Universität Wien, lnstitut für Chemische Technologien und Analytik entstanden ist. Betreuer war Prof. Dr. B. Lendl. Die Arbeit wurde in wissenschaftlicher Zusammenarbeit mit Sandoz AG und Prof. Christoph Herwig (Bioprozesstechnik, TU Wien) durchgeführt.
Frau Wieland hat sich in ihrer Arbeit mit der prozesstechnisch wichtigen Frage der Lebensfähigkeit von P.-chrysogenum-Sporen beschäftigt. Im Besonderen war es ihre Aufgabe, eine auf der Raman-Spektroskopie basierende Methode zur potentiell raschen und markierungsfreien Unterscheidung zwischen lebensfähigen und toten Sporen zu finden. Fernziel der durch die Arbeit von Frau Wieland initiierten Studie ist die Entwicklung einer raschen Screening-Methode um die Qualität des Sporeninokulums möglichst noch vor dessen Einsatz bestimmen zu können. Dadurch soll es gelingen das eingesetzte Sporeninokulum zu optimieren sowie Prozessparameter bereits in einem sehr frühen Stadium an die vorliegende Qualität anpassen zu können.
Eines der großen Probleme bei der Vermessung von Sporen mittels der Raman Mikroskopie ist ihre hohe Thermolabilität. Diese kann dazu führen, dass die Sporen während der Messung verbrennen. Frau Wieland hat mehrere Methoden zur schnelleren Wärmeableitung für diese Proben adaptiert und getestet. Weiterhin wurde durch die Auswahl der optimalen Laserwellenlänge die pro Photon eingebrachte Energie an die Probe adaptiert. In Ergänzung wurde auch der Einsatz der oberflächenverstärkter Raman Spektroskopie (SERS) zur Aufnahme von reproduzierbaren sowie qualitativ hochwertigen Sporenspektren untersucht. Durch Verwendung der SERS Technik, hier wurden mit Hydroxylamin reduzierte Silberkolloide verwendet, gelang es Frau Wieland die lntensität der Raman-Spektren signifikant zu erhöhen sowie die Autofluoreszenz der Probe zu löschen. Mittels SERS konnte die eingebrachte Laserleistung reduziert und eine schonende Vermessung der Sporenproben erreicht werden.
Im Zuge ihrer Diplomarbeit gelang es Frau Wieland ein Protokoll zur raschen Probenvorbereitung mit anschließender Raman-Messung zu erstellen. Sie konnte zeigen, dass es mit Hilfe der Raman-Spektroskopie möglich ist, tote von lebendigen Sporen klar zu unterscheiden.